Kilikien

[481] Kilikien (Cilicia a. Geogr.), Landschaft Kleinasiens, das südöstliche Küstenland begreifend; grenzte im Westen an Pamphylien u. Pisidien, tu: Norden an Kappadokien, im Osten an Kleinarmenien u. Syrien, im Süden an das Mittelmeer, welches hier Kindisches Meer (Mare Cilicium) hieß, mit dem östlichen Issischen Meerbusen (jetzt Golf von Skanderun), u. war 600 QM. groß; Gebirge umschlossen das Land im Norden u. Osten u. durchzogen es in einzelnen Zweigen, im Norden namentlich der Tauros, mit den Kilikischen Pässen, dem Hauptpaß aus Kappadokien nach K., u. im Nordosten der Amanos, welcher es von Syrien trennte, u. durch welches die Amanische Pforte führte; Vorgebirge, welche der Tauros bildete, warm: Anemurion, Posidion, Aphrodisias, Mylas, Sarpedon, Zephyrion, Korykion, Januaria; die Flüsse, vom Tauros kommend u. nach Süden gehend, waren: der Kalykadnos, Lamos, Kydnos, welcher bei seiner Mündung die Lagunen Rhegma bildete, Saros, Pyramos u. mehrere Küstenflüsse, wie der Charadros, Arimagdos, Pinaros etc. Eingetheilt wurde K. in das Ebene K. (Pedias), die größere östliche Hälfte, von Syrien bis zum Lamos, 30 Meilen lang, jetzt Adana; u. das Rauhe K. (Trachea, Tracheotis, Cilicia aspera), die kleinere westliche Hälfte bis an die Grenze von Pamphylien u. Pisidien von Zweigen des Tauros durchschnitten, 20 Meilen lang, jetzt Itschil Das Ebene K. war bes. in der großen Ebene zwischen Tarsos u. Mopsuestia sehr fruchtbar; Producte: bes. Getreide, Hirsen, Wein, Öl, Safran, im Rauhen K. namentlich Cedern u. Tannen zu Schiffbauholz; die Industrie der Einwohner war gering, nur ein grobes Tuch aus Ziegenhaaren wird von den Alten erwähnt; die vornehmsten Städte des Landes waren: an der Küste Korakesion, Selinus, Kelenderis, Seleukia, Korytos, Eleusa, Soli, Tarsos, Mallos, Issos; im Innern: Adana, Mopsuestia, Anazarbos etc. Die Einwohner der Ebenen K-s, Kilĭkes, waren wohl syrischen Stammes, obgleich ihr angeblich alter Name Hypachäi auf pelasgisch-griechische Verwandtschaft hindeutet; als sich seit Alexanders des Großen Zeit Griechen an der Küste niederließen, zogen sich die Kilikier in die Gebirge zurück, wo sie als Eleutherokilikes als Räuber lebten; die Bewohner des Rauhen K. waren Verwandte der Pisidier u. Isaurier u. wie diese Seeräuber u. Sklavenhändler, bis auf die Zeit des Pompejus herab, worauf sie das Landräuberwesen trieben u. das Land unzugänglich machten.

Die griechische Sage läßt den Namen K. von Kilix entstanden sein, welcher, ein Sohn Agenors, von seinen, Vater ausgesendet wurde, um die geraubte Schwester Europa zu suchen, u. da er sie nicht fand, sich mit seinen Gefährten am Pyramos niederließ. Eine andere Sage läßt die Amazonenkönigin Marina hierher kommen, welcher sich die Einwohner freiwillig unterwarfen, sie schenkte ihnen die Freiheit, u. daher soll der Name Eleutherokilikes kommen. Früher war K. viel größer, indem man nördlich das Land über den Tauros hinaus, einen Theil von Kappadokien, u. nordöstlich bis an den Euphrat dazu rechnete. Die Könige, welche den Namen Syennesis führten, wurden später nacheinander die assyrischen, den medischen, den persischen Königen u. in der Folge Alexander dem Großen untertänig. Nur die in den Gebirgen blieben frei, u. wenn auch später die Römer unter Cicero einige Siege über sie erfochten, so wurden sie doch nicht unterworfen. Nach Alexander siel K. den Seleukiden in Syrien zu. Eines Theils von K. aber bemächtigte sich Tigranes, der westliche wurde aus einige Zeit frei, u. seitdem traten die Kilikier als Seeräuber auf Nachdem die Römer schon durch die Siege des Servilius im Piratenkriege 75 v. Chr. Herren eines Theiles des Landes geworden waren, besiegte Pompejus in den Jahren 67 u. 66 v. Chr. die Seeräuber gänzlich u. machte das Ebene K. zur römischen Provinz, welche eigene Statthalter erhielt u. nachher bei der Theilung der Provinzen unter Augustus kaiserlich wurde; das Rauhe K. schenkten sie an ihre Bundesgenossen, u. es gab dort noch eine Zeitlang Könige von Oberkilikien Später aber nahmen die Römer auch diesen Theil an sich, u. K. wurde in mehre Bezirke getheilt, z.B. an der Küste: Selentis, Ketis, Lamotis; im Innern. Lalasis, Charakine, Lakantis u. Bryelite Im 4. u. 5. Jahrh. nahmen die Isaurier einen Theil des Rauhen K. ein, u. dies wurde eine eigene Provinz Isauria; das eigentliche K. erhielt unter Theodosius II. eine neue Eintheilung in Cilicia prima (westlich vom Vorgebirge Zephyrion u. der Stadt Korykos bis zum Fluß Saros) u. Cilicia secunda (östlich bis an den Amanos).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 481.
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